Anne Franks (in diesem Jahr 90.) Geburtstag ist offensichtlich der “Tag des Tagebuchs”, was ich ja noch einigermaßen nachvollziehen kann. Erinnerungspolitisch und literaturhistorisch ist die Textsorte “Tagebuch” eng mit ihr verknüpft, sie ist sicher neben Plinius und Samuel Pepys eine der bedeutendsten Chronistinnen der Welt- und Literaturgeschichte und natürlich hat das etwas mit ihrem Schicksal zu tun. Ein Feiertag, der das Medium ehrt, dass dieses Schicksal einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, das es also ermöglicht hat, dass man sich nach 1945 und hoffentlich noch lange damit beschäftigt hat und beschäftigen wird, geht vollkommen in Ordnung. Es würden einem mit etwas Nachdenken noch einige Werke und Autoren mehr einfallen, aber Anne Frank ist als “Datumsgeberin” die richtige Wahl.
Dass ich zu diesem Tag einen Sondernewsletter von Leuchtturm1917 in der Mailbox habe, lässt mich aber ein bisschen unschlüssig zurück. Ich mag den Laden, wohlgemerkt. Die machen super Schreibwaren. Und der Newsletter generell ist einer der angenehmeren.
Aber ist es angemessen, mir an Anne Franks 90. Geburtstag, ein leeres Tagebuch namens “Some Lines a Day” verkaufen zu wollen? Von Anne Frank ist in der Mail nicht die Rede. Aber wäre das besser oder schlechter? Ich weiß es wirklich nicht.
Nachtrag: Ebenfalls am 12. Juni geboren ist übrigens Wolfgang Herrndorf, der mit “Arbeit und Struktur” sicher auch in die Liste bemerkenswerter Tagebuchschreiber gehört…