Nachdenken über Eddie Van Halen

Mir fällt, wie so oft, beim Schreiben seines Nachrufes grade erst auf, wie wichtig Eddie Van Halen ganz offensichtlich wirklich war. Denn es passiert nicht jede Woche (gottseidank), dass meine halbe Timeline, also die “Musikerblase”, auf Facebook quasi simultan Trauer trägt.
An mir selbst sind Van Halen immer ein bisschen vorbeigegangen (“Jump” finde ich trotz aller Ausgelutschtheit allerdings immer noch einen auf seine Art coolen Song). Ich habe sie 1998 in der “Gary -Cherone-Phase” noch am Ring gesehen, aber da haben wir alle nur auf Ozzy gewartet und dazwischen kam auch noch Rammstein und ein sintflutartiger Regen…

 

Um dieses Phänomen Van Halen zu verstehen, muss man vielleicht auch eher in die USA schauen – dieses total überdrehte, gutgelaunte Hair-Metal-Ding, das eine ganze Generation dort zusammengeschweißt hat, das “Soundtrack of our Youth”-Klischee und die berühmte Anekdote mit den braunen M&Ms in der Schüssel in der Garderobe. Dass zwei Einwanderer-Kids aus Holland (“Wir hatten 50 Dollar und ein Klavier und wir konnten die Sprache nicht”, hat Eddie mal rückblickend gesagt) zu Lebzeiten in nur wenigen Jahren diesen Legendenstatus erreichen können – das ist schon sehr amerikanisch. Und Eddie Van Halens Einfluss stammt zu mindestens gleich großen Teilen aus der (Weißen!) Jugendkultur wie aus seinem – exzellenten – Gitarrespiel, bei dem erstmal jahrelang keiner wusste, was der da eigentlich macht und wie. Das erinnert an Hendrix und der Vergleich ist sicher nicht total daneben.

Wally Farkas, ein in Sachen Rockgeschichte erstklassig kompetenter Gitarrist aus Texas (dem Ihr übrigens auf Facebook folgen solltet), hat es auf den Punkt gebracht. “Als er die Szene betreten hat, war das ein Weckruf an alle anderen Gitarristen, an ihrer Technik zu arbeiten – oder zurückzubleiben.”

In diesem Sinne: RIP, Eddie. Im Schrank ist vielleicht noch eine Tüte M&M’s.

 

Foto: Anthony Catalano via Flickr under CC BY-NC-SA 2.0.

Tom

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